Die erste
Frage die ich mir gestellt habe war:
„Ja geht denn dass überhaupt. Ein Fabrik im Seminar, dass kann doch nicht realistisch sein!“
„Ja geht denn dass überhaupt. Ein Fabrik im Seminar, dass kann doch nicht realistisch sein!“
Durch den
Titel, die Beschreibung sowie die Dokumentationen wurde mein Interesse geweckt
und die Anmeldung war nur noch eine Formsache.
Der Tag des
Seminars:
Nach einer
kurzen Begrüßung und einer kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmer vor der
„Fabrik“, haben wir die ersten Informationen zum Ablauf und den Funktionen in
der Fabrik erhalten.
Es traten
die nächste Frage auf:
„Wie soll
bei der bunten Mischung der Teilnehmer der Ablauf in der Fabrik funktionieren?“
Und natürlich: „Welche Rolle suche ich mir in
der Fabrik aus!“
Die "Fabrik" |
Nun war es
soweit, wir durften die „Fabrik“ betreten und machen eine Rundengang.
Die
Arbeitsplätze und Rahmenbedingungen werden vorgestellt. Der Material-,
Informations- und Geldfluss wird mit Hilfe eines Wertstromdiagramms erklärt.
Die Augen der Teilnehmer werden größer, die ersten Stirnfalten treten auf.
Und dann
die große Überraschung!
Die
Teilnehmer dürfen sich ihre Rollen in der Fabrik nicht selbst aussuchen, sonder
die Aufgaben werden zugeteilt. Eine neue und spannende Erfahrung.
„Wie kann
und soll ich meine Aufgabe bewältigen?“
Die
Teilnehmer haben eine „fremde“ Funktion erhalten und können sich nicht in ihrer
gewohnten Rolle bewegen.
Die
erste Simulationsrunde steht an.
Jeder
Teilnehmer hat zunächst die Möglichkeit sich mit seinem Arbeitsplatz vertraut
zu machen. Dazu liegt an jedem Arbeitsplatze eine Arbeitsanweisung vor. Die
ersten Probemontagen werden durchgeführt. Dann die Aufforderung, dass der
Arbeitsplatz in den Ausgangszustand zurückgesetzt wird.
Die
Simulation wird gestartet!
Ich durfte die Logistik übernehmen |
Es wird
montiert, transportiert, neue Kundenbestellungen treffen ein, Montageaufträge
werden eingesteuert, die Qualität wird geprüft, Nacharbeit wird ausgeführt, der
Kunde wird beliefert, Rechnungen müssen erstellt und bezahlt werden.
Geschäftigkeit,
ja teilweise Hektik breitet sich im Seminarraum, in der „Fabrik“, aus. Jeder
ist auf seine Rolle konzentriert. Der Prozess wird von einem Teilnehmer
beobachtet, doch hier zeigt sich ein Problem. Die Arbeitsabläufe an den
einzelnen Arbeitsplätzen wiederholen sich nicht, da immer wieder
Nebentätigkeiten und Störungen, wie z.B. Neuanforderung von Material,
Reklamation von Fehlmaterial, durchgeführt werden müssen.
Dann das
Ende der ersten Runde.
Einigen der
Teilnehmer sind die Erschöpfung und der Stress deutlich anzusehen. Der erste
Eindruck:
„Wir haben
zwar immer gearbeitet, aber so richtig rund war der Ablauf nicht.“
Dann die
bittere Wahrheit!
Es wurden
die Kennzahlen ermittelt.
Wie viel
Bestand ist in der Fabrik?
Meine Laufwege |
Wie viel
Material wurde einkauft?
Wurden die
Kundenaufträge pünktlich ausgeliefert?
….
Das
Ergebnis war niederschmetternd. Wir haben einen Verlust eingefahren. Der Kunde
ist unzufrieden, weil wir nicht pünktlich geliefert haben.
Die Wege
der Logistik wurden durch die Seminarleitung anhand von einem Spaghetti-Diagramm
dargestellt. Die Laufwege und Laufreihenfolge waren beeindruckend, da erübrigt
sich jedes Sportprogramm.
Das
Resümee:
„Wenn
wir so weiter machen, dann überleben wir das nächste Geschäftsjahr nicht.“
Die Beobachterin konnte uns viele Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen |
Im nächsten
Schritt wurden die Probleme zusammengefasst, die die Mitarbeiter in der Fabrik
in ihrer Tätigkeit festgestellt haben und was dem Beobachter aufgefallen ist.
Es wurde
eine reine Problemerfassung ohne Lösungsvorschlag durchgeführt.
Eine
spannende Erfahrung, da man doch immer sehr schnell mit Lösungen ist, ohne das
eigentliche Problem zu kennen.
Auf Grund
der Problemerfassung wurden 3 Teams gebildet, die die Optimierung der Bereiche
Informationsfluss, Materialfluss und Arbeitplatzgestaltung bearbeiten sollten.
Von der
Seminarleitung gab es die weitere Aufgabenstellung:
Optimiert
die Fabrik und eine Position muss entfallen, d.h. ein Kollege / Mitarbeiter
entfällt.
Ihr habt
alle Freiheiten, legt los. Ihr könnten überall hin, wo ihr wollt. Ach ja, für
die „neue Fabrik“ müsst ihr ein Wertstromdiagramm erstellen, an dem ihr die
Abläufe erklären könnt, und alles muss in 1,5 Std. bis zum Start fertig sein.
Jetzt heißt es Tische rücken |
Schnell
wurde klar, dass sich die einzelnen Teams nicht trennen sollten, um für sich
alleine zu arbeiten, sondern dass ein ständiger Informationsaustausch zwischen
den Teams stattfinden muss.
Es wurde
beratschlagt, gerechnet, Arbeitsinhalte definiert und der zeitliche Aufwand
ermittelt, Informationen ausgetauscht, verschiedene Lösungsansätze diskutiert.
Die Teamleiter mussten der Seminarleitung immer wieder einen Zwischenbericht
geben und ein festen Startpunkt nennen, an dem alles Aufgebaut ist und die
Produktion wieder beginnen kann.
Die Zeit
drängt, wir brauchen Entscheidungen. Die Umsetzung muss erfolgen.
Wie
sieht die Lösung aus:
Wir führen
ein Kanbansystem ein! Wir haben einen definierten Supermarktbestand, aus dem
der Kunde schnell beliefert werden kann. Somit entfällt die Funktion der
Produktionsplanung. Die separate Stelle der Nacharbeit entfällt ebenfalls, es
werden nur gute Teile weitergeben, Nacharbeit wird ggf. durch die Mitarbeiter
ausgeführt. Lager und Lieferant wird zusammengelegt, wir führen eine Konsignationsabwicklung ein.
Unser Wertstrom |
Die Rollen werden mit Hilfe des Wertstroms besprochen |
Dieses wird
im nächsten Schritt auch der Seminarleitung erklärt.
Jetzt muss
sich unserer geänderter Ablauf in der
„Fabrik“ in der Praxis beweisen.
Die
Simulation wird gestartet.
Die
Produktion startet, dass System ist mit ausreichend Material gefüllt, die
Logistik muss noch keinen Behältertauschen durchführen. Und es treffen keine
Kundenbestellungen ein, denn der Kunde hat Betriebsferien. Erste Nervosität
macht sich breit, wir produzieren und der Kunde kauft nichts, der Supermarkt
füllt sich. Jetzt endlich treffen die ersten Bestellungen ein. Der Kunde kann
immer in der geforderten Zeit beliefert werden, alles läuft reibungslos. Doch
auf einmal ist von einer Variante kein Bestand mehr im Supermarkt. Beim
Rücklauf der Kanbankarten wird kurzerhand in den Regelkreis eingegriffen und
die Karten vorgezogen. Das System hält der Belastung stand. Doch jetzt trifft
auch noch eine Kundenreklamation ein. Wer kümmert sich darum?
Ende der
zweiten Runde.
Wie nach
der ersten Runde die Kennzahlen:
Die zweite Runde war deutlich positiver |
Die erste
Erkenntnis, die Bestände sind hoch.
Das
positive Feedback vom Kunden, alle Bestellungen wurden termingerechnet
ausgeliefert.
An der
Qualität muss noch gearbeitet werden.
Durch die
neuen Abläufe war ein ruhigeres und gleichmäßigeres Arbeiten möglich.
Unter
Strich haben wir einen Gewinn erwirtschaftet.
In der
Zusammenfassung gab es die Erkenntnis, dass wir eine Verbesserung erreicht
haben. Die Abläufe aber nicht so belassen können, denn in der Praxis hat sich
gezeigt, dass wir keine Stelle für Kundenreklamationen hatten, im Bereich der
Umlaufbestände noch ein großes Potenzial liegt. In dem geänderten System sind
neue Aufgaben angefallen, denen keine Verantwortlichkeiten zugeordnet wurden,
die Kapazität war aber vorhanden.
Eine
Situation wurde im Nachgang noch etwas genauer betrachtet. Durch die
Optimierung sind 3 Positionen entfallen, doch gesprochen wurde nicht darüber.
Zwar waren die Kollegen bei dem Optimierungsprozess dabei, doch darf der
soziale Aspekt nicht einfache unter den Tisch fallen.
Durch die
zweite Runde wurden deutlich, dass eine Verbesserung erreicht wurde. Durch die
Veränderung sind neue Problem aufgetreten, die gelöst werden müssen.
Besonders
spannend fand ich es, mein eigenes Handeln anhand von Bildern, die an einer
Wäscheleine aufgehängt wurde, vor Augen geführt zu bekommen und so auch eine
persönliche Reflektion des Tages für mich möglich war.
Fazit:
Die
Wirklichkeit hat uns wieder. Denn genau diesen Prozess erleben wir jeden Tag
bei der Arbeit und im Privatleben.
Zum Schluss
konnte ich meine erste Frage beantworten:
Ja, die
Fabrik im Seminarraum funktioniert und sie war sehr realistisch!
Ein
spannender und lehrreicher Tag ist zu Ende.
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PS: Ich danke Frau Ute Nemeth ganz herzlich für diesen Bericht, der zu großen Teilen von Ihr geschrieben wurde.
Ute, vielen Dank!
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